Zwischen Identität und Alterität: Die Wahrnehmung des Fremden bei Oswald von Wolkenstein

Abstract

In den Gedichten Oswalds von Wolkenstein, vor allem den Reiseliedern, findet sich an vielen Stellen interkulturelle Fremdheitserfahrung. Die Begegnung mit der höfischen Welt Spaniens und der muslimischen Welt, die das Ich in autobiographischen Erinnerungen erzählt, stellt das Fremde als gleichrangige Normalität dar, von der es sich bereichert sieht. Die Erinnerung an die fremde Welt wird der unbefriedigenden Lebensrealität gegenübergestellt. In dem Gedicht KL 44 wird das Eigene als beklemmend empfunden und das Fremde mit Sehnsucht erinnert. Der Sehnsucht nach der weiten Welt und ihren Formen wird die Beklemmung gegenübergestellt, die das Ich zuhause empfindet. Das ferne Spanien mag fast als verlorene Heimat erscheinen. Das Subjekt fragt in diesen Worten unmissverständlich nach seiner Identität. Es befindet sich in einer fundamentalen Verunsicherung angesichts des völligen Verlusts des Vertrauten, welches es in den Zusammenhängen zu erinnern glaubt, und das eigentlich das Fremde sein müsste.